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Rasseguide
Scottish Fold
Hier handelt es sich um eine ĂŒberzĂŒchtete Rasse mit Gendefekt. Wir möchten aufklĂ€ren und euch einen Eindruck dieser speziellen Katzenart vermitteln.
Wir lieben alle Katzen â ganz egal welche Form, Farbe oder welches Fell sie haben. Das geht wahrscheinlich den meisten Katzenfans so. Und wenn wir ehrlich sind â wer von uns kann schon an einer sĂŒĂen Katze vorbeigehen ohne sie zu streicheln? Trotzdem haben Menschen verschiedene GeschmĂ€cker und AnsprĂŒche, die sich auch in der Wahl der zu einem selbst passenden Katze zeigen. Und genau deswegen gibt es so viele Katzenrassen, die sich in Optik, Verhalten und Temperament deutlich unterscheiden. Nur durch gezielte Zucht kommt man dem einen oder anderen Wunsch nach einem bestimmtem Aussehen oder einer besonderen FelllĂ€nge nĂ€mlich nĂ€her. Aus diesen zĂŒchterischen BemĂŒhungen sind ĂŒber die Jahrzehnte, ja sogar Jahrhunderte weltweit dutzende Katzenrassen entstanden.
Wer sich eine Katze anschaffen möchte, fragt sich meist zuerst: was passt zu mir, was gefĂ€llt mir und woher bekomme ich dann genau DAS, was mir vorschwebt? Wir haben an anderer Stelle schon einmal kurz angerissen, warum Optik einer der unwichtigeren GrĂŒnde zur Anschaffung sein, und was stattdessen beim Einzug des neuen Familienmitglieds eine Rolle spielen sollte. FĂŒr alle, die sich aber bewusst fĂŒr die Anschaffung einer bestimmten Rasse entscheiden, soll unser ab sofort regelmĂ€Ăig erscheinender Rasse-Guide ein paar Anhaltspunkte liefern.

Die Scottish Fold
Ein Gesicht wie aus einem Bilderbuch, Fell das sich anfĂŒhlt wie Seide und eine einnehmende PersönlichkeitâŠdie Scottish Fold ist eine Katze wie man sie sich wĂŒnscht. Die Tiere mit den prĂ€gnanten Faltohren sind einfach nur sĂŒĂ, oder? Auf den ersten Blick â ganz klar ja. Ihr Kindchen-Schema, der gedrungene Körper mit den charmant kurzen Beinchen und auch der oft beobachtete Buddha-Sitz sprechen in den meisten Menschen ganz schnell einen soft spot an. Und wir von LucyBalu geben zu â wenn wir eine Scottish Fold im Newsfeed oder einer Story sehen, sagen auch wir manchmal leise awwwwâŠ
Aber leider ist diese Katzenrasse schwer gezeichnet. Ihre optischen Merkmale stammen von einem Gendefekt, der sich leider nicht nur auf geknickte Ohren beschrÀnkt. Die Zucht mit Scottish Fold ist in Deutschland theoretisch untersagt, und praktisch alle offiziellen Stellen und Behörden stufen die Scottish Fold sogar als sogenannte Qualzucht ein. Was ist da dran?
Wie alles begann..
Schon im 19. Jahrhundert wurden in China Katzen mit seltsam gefalteten Ohren beschrieben, zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde diese KuriositĂ€t auch in England beobachtet. Die erste offiziellen Zuchtversuche brachten in den 60er Jahren schlieĂlich Kitten mit gefalteten Ohren zustande â die Kleinen stammten aus einer Verpaarung mit einem Faltohr-Kater und einer British Kurzhaar KĂ€tzin. Da diese Samtpfoten eine unglaublich ansprechende Optik und die runden Köpfchen einen hohen Niedlichkeitsfaktor besitzen, trat die Rasse schnell einen internationalen Siegeszug an. Vor allem in den USA kam die Scottish Fold gut an.
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WĂ€hrend die Zucht in Europa schon nach wenigen Jahren ausgesetzt wurde, da man Probleme bei den Tieren beobachtete, wurde sie in Amerika weiter fortgefĂŒhrt. Und: auch in Deutschland hielt sich die Scottish Fold beziehungsweise ihre Zucht.
Der Preis der Schönheit
Wir haben es ja schon erwĂ€hnt â das Aussehen der kleinen Samtpfote besitzt definitiv den Niedlichkeits-Faktor. Scottish Fold sind mittelgroĂe, gedrungene Katzen mit eher kurzen Beinen und fast schon stĂ€mmigen Körpern. Mit maximal sechs Kilo bei den Katern bleibt der Schmuser relativ klein und leicht. Der Kopf ist sehr rund, die Augen groĂ und â ebenfalls sehr rund. Diese Katzenrasse spricht also wirklich alles an Kindchenschema an, was man sich nur denken kann.
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Zu ihrer groĂen Beliebtheit trĂ€gt sicher auch der Charakter der Faltohren bei. Sie gelten als liebevolle und verschmuste Katzen, die es eher gemĂŒtlich angehen lassen und dabei stets verspielt und sogar kinderlieb sind. Was könnte man sich also schöneres wĂŒnschen? Leider kommen die meisten dieser auf den ersten Blick tollen Attribute nicht ohne Preis. Ihre niedliche Optik haben die Katzen nĂ€mlich einem Gendefekt zu verdanken. Dieser Gendefekt wird autosomal-dominant vererbt â das heiĂt, auch Katzen, die durch eine Kreuzung mit Scottish Fold entstanden sind, haben das groĂe Risiko, diesen Gendefekt zu erben. Inzwischen weiĂ man, dass auch gemischtrassige Katzen unter groĂen gesundheitlichen Problemen leiden. Was ist da los? Der genannte Gendefekt sorgt leider nicht nur fĂŒr abgeknickte Ohren.
Die zugrundeliegende unheilbare Erbkrankheit heiĂt Osteochondrodysplasie, kurz OCD. Die Begriffe stammen wie so vieles in der Medizin aus dem Griechischen, und bedeuten ĂŒbersetzt Knochen-Knorpel-Fehlformung. Die Genmutation verursacht zum Teil also schwerste Fehlbildungen an Gelenken, Knochen und Knorpeln. Und leider können auch augenscheinlich gesunde Tiere diesen Defekt weitervererben. Das erklĂ€rt den gedrungenen Körper, die kurzen Beinchen und den oft etwas schiefen Gang, den Besitzer bei ihren Faltohrkatzen beschreiben. Die sogenannte, fast schon berĂŒhmte âBuddha-Poseâ, die Scottish Folds einnehmen, ist ein weiterer Hinweis auf die schweren SchĂ€den, die der Gendefekt anrichtet. Denn die Katzen setzen sich in diese auffĂ€llige Stellung, da sie nur so einigermaĂen schmerzfrei sitzen können. Weitere Probleme, die in Verbindung mit dem Gendefekt stehen, sind BerĂŒhrungsschmerzen, Bewegungsunlust, Lahmheiten und untypische Bewegungsmuster. Klingt schrecklich? Ist es auch.
Das stille Leiden der Katzen
NatĂŒrlich will kein Besitzer, dass seine Katze leidet. Und wir sprechen sicher fĂŒr Sie alle, wenn wir sagen: wir schauen schon genau hin, wie es unseren liebsten Haustieren geht. Hier haben unsere Stubentiger aber ein riesiges Problem: viele Katzen zeigen Schmerzen oder Leiden nĂ€mlich nur wenig bis gar nicht. Das trifft auf alle Katzen zu, das ist eines der Merkmale die sie so unabhĂ€ngig machen. Und so bemerken wir selbst oft nicht, wie sehr unsere liebsten Familienmitglieder eigentlich leiden. Dazu kommt oft, dass wir nach einer gewissen Zeit âbetriebsblindâ werden â und Humpeln, langsames Gehen oder sehr behĂ€biges Verhalten nicht mehr als untypisch ansehen.

Die Problematik in der Zucht der Scottish Fold ist inzwischen sogar beim Gesetzgeber angekommen. Allgemein sind sogenannte Qualzuchten per Tierschutzgesetz §11b verboten. Die Definition was genau eine Qualzucht ist und was nicht, obliegt zunĂ€chst den zustĂ€ndigen Behörden. Die Scottish Fold Katze wurde inzwischen als eine solche Qualzucht eingestuft, und ihre Zucht und auch die Verpaarung mit anderen Katzenrassen ist seitdem theoretisch untersagt. Allerdings ist das noch lĂ€ngst nicht ĂŒberall durchgedrungen, und selbst langjĂ€hrige Liebhaber der Rasse sehen die Probleme nicht in ihrer ganzen Dramatik.
 Was können wir tun?
Wir glauben die Verantwortung eines Besitzers liegt generell darin, dafĂŒr zu sorgen, dass es seiner Katze so gut wie nur irgend möglich geht. Das heiĂt, dass man seine Katze beispielsweise zu einem spezialisierten Tierarzt bringen kann, um abzuklĂ€ren wie schwerwiegend die SchĂ€den durch den Gendefekt eigentlich sind. Wenn man âunrundesâ Gehen bemerkt, und der Tierarzt Schmerzen dahinter vermutet, kann man medikamentös gut eingreifen. Die Lebensumwelt der Samtpfoten kann so angepasst werden, dass SprĂŒnge nicht mehr hoch und weit sein mĂŒssen, um zum Lieblingsplatz zu gelangenâŠSie sehen, die Besitzer der Faltohrkatzen haben durchaus Möglichkeiten, mit den bereits bestehenden Problemen umzugehen.

Was die Neuanschaffung von Scottish Fold angeht, raten wir von LucyBalu ganz klar ab. Im Vorfeld ist absolut nicht abzusehen, wie schmerzhaft und kompliziert das Leben der Katze mit dem sĂŒĂen Gesichtchen sein wird. Und dieses Argument reicht uns. Es gibt noch viele weitere Katzen, die zu uns, zu Ihnen und zu unseren Familien passen â das in-Kauf-nehmen von Schmerzen fĂŒr eine gewisse Optik stellt fĂŒr uns einfach keine Option dar. Und so hoffen wir, dass wir in einigen Jahren zwar voller Liebe an die rungesichtigen Schmuser denken, sie aber nicht mehr fĂŒr die Befriedigung der AnsprĂŒche von Menschen gezĂŒchtet werden.
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